Leib- und Bettwäsche von Heinrich Jordan

Kreuzberg 2017 aKreuzberg wurde 1920 als Bezirk des neu gebildeten Groß-Berlin zunächst als „Hallesches Tor“, ab 1921 als „Kreuzberg“ aus bereits zur Großstadt angewachsenen Vorstädten des alten Berlins gebildet: Tempelhofer Vorstadt, Obere Friedrichsvorstadt, Friedrichstadt und Luisenstadt. Genau auf der Grenze der beiden letzten, Markgrafenstraße Ecke Lindenstraße, eröffnete Heinrich Jordan 1839 ein Ladengeschäft für Wäsche. Damit legte er den Grundstein für eines der großen Kaufhäuser Berlins – auch die Häuser N. Israel und Rudolph Hertzog nahmen in diesem Jahr ihren Anfang.

Der hessische Pastorensohn Heinrich Jordan hatte beim Onkel Weberei gelernt und war im Auftrag einer Garnfabrik als Verkaufsagent nach Berlin gekommen. Als Händler unterhielt er in den 1840er Jahren ein „Baumwollen-, Posamentirwaaren- und Türkischrothgarn-Lager“, verfiel bald aber auf eine Geschäftsidee, die seinem Geschäft den gedeihlichsten Aufschwung verlieh: Jordan begann, konfektionierte Wäsche zu verkaufen, also gebrauchsfertige Stücke, die nicht erst daheim von den Käufern erstellt oder umgearbeitet werden mussten. In diesem Zuge entwickelte sich auch das Versandgeschäft hervorragend, so dass das Wäschehaus Jordan zu überregionaler Bedeutung anwuchs. In eigenen Werkstätten und bei Heimarbeitern ließ Jordan Leib- und Bettwäsche herstellen und verkaufte auch Leinenzeug, Handtücher und Tischzeug „von der Elle“.

1868-69 entstand am erweiterten Standort ein Neubau für den Verkauf, dem 1890, 1899 und 1913 Erweiterungen folgten. Mehr als 200 Meter maß die gesamte Kaufhausfront, die sich über drei Straßen erstreckte, nachdem Jordan die Nachbargrundstücke erworben hatte. Er profitierte von seiner Lage nahe Berlins Mitte und der Einkaufsmeile an der Leipziger Straße. Nach dem Tod des Gründers übernahmen Hugo, Wilhelm und Fritz Jordan das Geschäft und bauten es aus. 1914 waren in dem Karree auch eine Wäschefabrik, eine Dampfwäscherei und -plätterei untergebracht und 2.400 Menschen arbeiteten hier.

Kreuzberg 2017 bDas Kaufhaus Heinrich Jordan konnte sich „Hoflieferant Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin“ und „größtes Kaufhaus für fertige Wäsche jeder Art“ nennen. Die Wirtschaftskrise setzte Dr. Heinrich Jordan Jr. erheblich zu. Nach 1931 wird das Kaufhaus im Adressbuch der Stadt Berlin nicht mehr erwähnt. Die Gebäude wurden schließlich im Krieg zerstört und später restlos abgetragen.
Über viele Facetten der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte gibt es heute keine Unterlagen mehr. Das Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Hinweise hierzu sind herzlich willkommen.

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Text: Björn Berghausen