Margarine aus Lichtenberg

Das Dorf Lichtenberg wuchs im Zuge der Industrialisierung, der industriellen Randwanderung von Produktionsbetrieben aus der Berliner Innenstadt an die Peripherie und nach Ausbau der Ringbahn rasant und erhielt 1907 Stadtrecht. Die Aufteilung und Bebauung der Flächen für die explodierende Stadt übernahmen Terraingesellschaften, in Lichtenberg ab 1891 die Berlin-Lichtenberger Terrain-AG, die 1907 in die Lichtenberger Terrain AG übernommen wurde. Der Unternehmenszweck war Erwerb, Verwaltung und Verwertung von Grundstücken in Lichtenberg. 1943 wurde die Gesellschaft aufgelöst.

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Die verkehrstechnische Erschließung verdankte sich auch der Ansiedlung von Großbetrieben, wie etwa Siemens & Halske, Norddeutsche Kugellagerfabrik und die Margarinewerke Berolina GmbH. Die Berolina bezog den Neubau in der Herzbergstraße 55, der 1909 durch Friedrich & Allrich nach Plänen von Karl Schramm errichtet wurde. Die Lichtenberger Maraginefabrik florierte und erwarb Anfang der 1920er und 1938 unter der Führung von Direktor Ferdinand Schnaud auch die Nachbargrundstücke. Im Laufe der 1920er Jahren wird das Unternehmen Teil der Margarine-Verkaufs-Union, deren holländische Muttergesellschaft als Margarine Unie mit dem Lever-Konzen 1929 zu Unilever fusionierte. Im Dritten Reich fungierte deren Tochtergesellschaft „Van den Bergh’s Margarine AG“ als Holding für die deutschen Unternehmen. 1939 wurde die Berolina auf die Van den Bergh’s Margarine verschmolzen und gab ihren Firmennamen auf. Die Fettversorgung der deutschen Bevölkerung stellte wegen Devisenknappheit und später wegen des Kriegs ein Problem dar, das van den Bergh auch durch den Unterhalt von drei Walfangflotten zu kompensieren versuchte. Die jahrzehntelang eingeführten Marken Sanella, Rama und Blauband werden nach Kriegsende im West-Berliner Rudow im „modernsten Margarinewerk Europas“ produziert, ehe dieses Werk 1972 schließt. Das Lichtenberger Fabrikgebäude beherbergt unterschiedliche kleinere VEB, unter anderem den VEB Industrie- und Kraftwerksrohrleitungen Bitterfeld. 1998 wird das denkmalgeschützte Ensemble saniert und steht heute kulturellen Zwecken zur Verfügung.

Lichtenberg 2016 17 02Über viele Facetten der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte gibt es heute keine Unterlagen mehr. Das Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Hinweise hierzu sind herzlich willkommen.

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Text: B. Berghausen