Moabiter Porzellanfabriken Schumann und Schomburg

Tiergarten S 1 01 00110 IsolatorenWas unter dem Asphalt der Stadt verborgen liegt, kann nur bei anstehenden Bauprojekten erforscht werden. Für den Bereich zwischen Kirchstraße und Stromstraße ergab sich diese Gelegenheit nach 1989, als der Neubau des später vom Innenministerium genutzten Bürogebäudes und der Focus Teleport auf dem Bolle-Gelände entstanden. Unter beiden Projekten lagen die Strukturen von zwei Porzellanfabriken, die somit neben Borsigs Anlage zu den Pionierindustrien in Moabit gehörten. Die eine der beiden Manufaktur n, die von Schumann, war schon bekannt. Die zweite kam bei Befestigungsarbeiten für den geplanten Uferweg in Form von Keramikscherben in der Spree um Vorschein.

Der Deutsche Unterwasserclub erhielt daraufhin vom Tiergartener Heimatmuseum den Auftrag für eine genauere Untersuchung des Fundortes. Friedrich Adolph Schumann verlegte 1834 die väterliche Manufaktur vom Rittergut Kehnert bei Wolmirstedt auf das Dorwedelsche Grundstück Alt-Moabit 10/11 (heute 99-105) gegenüber der jüngst erbauten Johanniskirche von Schinkel. Das Gelände erstreckte sich als schmaler Streifen bis zum Ufer der Spree, auf der die für die Produktion benötigten Rohstoffe und Brennmaterialien angeliefert wurden. Zwei Ansichten von 1852 zeigen daher auch die entlang einer versetzten Langachse angeordneten Fabrikgebäude, die durch ein Quergebäude verbunden waren. Im vorderen Teil und im Quergebäude befanden sich die Porzellanmalerei und die Glasurstuben, nach denen die Brennöfen angeordnet waren. Die Schlemmerei schloss den Komplex zur Spree ab. Verkaufslokale unterhielt Schumann in Berlin in der Breiten Straße 4, Friedrichstraße 191 und Jägerstraße 23 sowie in weiteren größeren Städten von Hamburg bis Breslau. Was gehörte zur Produktpalette? Artikel von A-Z, darunter neben Speisegeschirr, Sammeltassen auch Schreibgarnituren, Etiketten, Klingelgriffe oder Nachttöpfe. Porzellan war Alltags- und Gebrauchsmaterial wie heute Plastik.

Tiergarten 2016Eine Auszeichnungsplakette der Berliner Gewerbeausstellung von 1844 reichte als Werbung nicht, Schumann ahmte auch das Markenzeichen der KPM nach. F. A. Schumann starb 1851, die Firma wurde in den 1860er Jahren verkauft und umbenannt in Berliner Porzellanmanufaktur (BPM), 1880 dann liquidiert. Bolle erwarb das Gelände 1886..Carl Schomburg, ein Porzellanmaler aus der Schumannschen Fabrik gründete 1853 auf einem nur wenige hundert Meter entfernten Gelände (Alt-Moabit 95-97) eine Manufaktur unter seinem Namen, die sich einem völlig neuen Einsatzgebiet für Porzellan widmete, dem technischen Porzellan in Form von Isolatoren, die für die rasch wachsenden Telegraphennetze im ganzen Land benötigt wurden. 1903 wird die Produktion in Moabit eingestellt, durch die Berliner Porzellanmanufaktur Conrad, Schomburg & Co. aber in Teltow weitergeführt.

Über viele Facetten der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte gibt es heute keine Unterlagen mehr. Das Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten. Hinweise hierzu sind herzlich willkommen.

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Text: Prof. Dr. Klaus Dettmer